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Warum du bei einem Streit mit deinem Partner / deiner Partnerin nicht immer über deine Gefühle sprechen solltest

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„Ich habe dir so oft gesagt, was ich mir wünsche. Das verletzt mich, dass du es dann trotzdem nicht machst, wenn du doch genau weißt, dass mir das wichtig ist und es mir nicht gut geht“.

„Dir ist … (die Arbeit, die Freund:innen, deine Hobbies,…) offensichtlich wichtiger!“

„Ich fühle mich übergangen!“

Kennst du solche Gedanken und Sätze von dir? Dir ist etwas besonders wichtig (Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit oder einfach eine bestimmte Handlung, wie zum Beispiel zusammen den Haushalt machen, weniger Geld ausgeben, mehr Umarmungen…) und sagst deiner Partnerin / deinem Partner, dass du dir das wünscht. Und was macht die andere Person? Genau das nicht, worum man sie gebeten hat. Einfach ärgerlich und verletzend, oder?

Wie soll man sich denn da sonst fühlen, wenn nicht verletzt, übergangen, nicht geschätzt, nicht einbezogen oder ähnliches? Und das kann ich der anderen Person dann ja wohl auch so sagen, oder? Total verständlich, dass wir unsere Gefühle so beschreiben. Gefühle und Gedanken zu unterscheiden ist oft wirklich nicht leicht. Zu oft wurden in unserem Leben unsere Gefühle nicht ernst genommen (Da braucht man nicht weinen. Ist ja nichts passiert. Also so dramatisch ist das jetzt auch wieder nicht. Deswegen brauchst du dich doch nicht so aufregen. Und so weiter – kennst du, oder?). Hast du gelernt, dass man seine Gefühle (Traurigkeit, Ärger, Wut, Frust, Langeweile, etc.) zeigen und darüber reden darf? Wenn ja, ist das oft schon hilfreich, um sie auch im Erwachsenenalter leichter wahrnehmen und beschreiben zu können. Und selbst dann ist es trotzdem nicht leicht, seine Gefühle zu benennen. Und zusätzlich haben wir oft zu wenig gelernt, eigenverantwortlich für unsere Bedürfnisse zu sorgen. Wir warten viel zu oft darauf, dass andere Menschen unsere Bitten erfüllen, sodass es uns besser geht und uns hilft. (Darüber schreibe ich einmal in einem eigenen Blogartikel).

Was sind jetzt also Gefühle?

Alles, was ich oben beschrieben habe, (übergangen, verletzt, nicht geschätzt werden, etc.) sind keine wahren Gefühle. Klingt komisch? Hier die Erklärung dazu:

Dass Traurigkeit, Wut, Angst und so weiter Gefühle sind, ist vermutlich relativ eindeutig. Anders ist das bei diesen sogenannten „Pseudo-Gefühlen“. Man formuliert es als Gefühl, es ist aber keines. Bei den „Gefühlen“ wie „Ich fühle mich übergangen…“ hängt immer eine zweite Person mit dran. Du kannst nur dieses „Gefühl“ haben, weil jemand anderes etwas gemacht hat. Eine andere Person hat etwas falsch gemacht und dadurch „fühlt“ man sich so. Das heißt, die andere Person bekommt automatisch Schuld daran, wie es dir jetzt geht. Sie wird vermutlich sehr schnell daraus den Vorwurf hören, etwas falsch gemacht zu haben. Denn wenn du dich „übergangen“ fühlst, heißt das ja automatisch, dass du glaubst, dass die andere Person dich übergangen hat und somit etwas falsch gemacht hat. Kann gut sein, dass die Person etwas gemacht hat, das wirklich kein guter Weg war. Ich denke wir sind uns auch alle einig, dass Menschen wirklich doofe Dinge tun. Doch wenn du möchtest, dass die andere Person dir zuhört und dich versteht, ist es meistens kein hilfreicher Weg, dem anderen zu vermitteln, dass man ihm die Schuld darangibt, dass man sich nicht gut fühlt. Du hattest bestimmt auch schon mal eine Situation, in der du etwas getan hast, worüber sich jemand anderes geärgert hat, beziehungsweise das jemand kritisiert hat. Würdest du im Gespräch ruhig bleiben, wenn der andere dir die Schuld gibt? Also dir mit seinen Worten zeigt, dass du ihn übergangen, nicht geschätzt, provoziert oder reingelegt hast? Vermutlich würdest du sagen: „Aber das stimmt doch gar nicht!“. Natürlich gehört für ein hilfreiches Gespräch noch viel mehr dazu, als keine Pseudogefühle zu nennen. Es kann einfach ein Puzzleteil sein.

Wie du deine Gefühle und das, was du brauchst erkennen und kommunizieren kannst

So, und wie kommst du jetzt weg von Pseudogefühlen, hin zu echten Gefühlen? Erstmal ist es wichtig zu wissen, dass die Nennung von Pseudogefühlen im Gespräch mit anderen Menschen nicht hilfreich sind. Gleichzeitig müssen Pseudogefühle nicht verdrängt, vermieden oder verbannt werden. Pseudogefühle oder die Gedanken, die damit einhergehen, können sehr hilfreich sein, bei der Suche nach deinem „Warum“. Also deinem Grund, warum du dich gerade ärgerst, dich nicht gut fühlst, traurig, wütend oder enttäuscht bist. Es hilft, auf dein unerfülltes Bedürfnis zu kommen. Das wiederum hilft dabei, eine gute Lösung für alle zu finden. Es ist also okay, Pseudogefühle zuzulassen, wahrzunehmen und eventuell aufzuschreiben. Gleichzeitig kannst du bedenken, dass es in klärenden Gesprächen nach einem Streit vermutlich nicht hilfreich ist, sie auszusprechen.

Danach kannst du versuchen, zu deinen „echten“ Gefühlen zu kommen. Ärgerst du dich? Bist du enttäuscht? Frustriert? Wütend? Traurig? Verzweifelt? Wenn dir das hilft, kannst du Listen mit Gefühlen durchlesen, um leichter spüren zu können, welche Gefühle du gerade hast. Suche dazu einfach „Gewaltfreie Kommunikation Gefühle“. Auch Listen mit Pseudogefühlen kannst du dir raussuchen, wenn du bei der Unterscheidung noch unsicher bist.

Oder du spürst zuerst in deinen Körper. Ist dein Kiefer angespannt? Deine Schultern hochgezogen? Atmest du flach? Spürst du eine Enge in der Brust? Den Körper wahrzunehmen kann ein erster Schritt sein, um deine Gefühle spüren zu können.

Wenn du deine Pseudogefühle wahrnimmst, kannst du sie nutzen, um zu erkennen, was du eigentlich brauchst. Hilfreich kann dabei sein, das Gegenteil zu suchen. Wenn du dich zum Beispiel „übergangen“ fühlst, wünscht du dir vermutlich, dass du mehr mit einbezogen wirst. Da geht es dir vielleicht um Gleichwertigkeit oder um Selbstbestimmung. Oder um Transparenz. Und dann ist es in einem klärenden Gespräch noch hilfreich, sich vorher zu überlegen, was man denn gerne vom Partner bzw. der Partnerin haben möchte. Worum möchtest du ihn/sie bitten? Mit dir eine Lösung zu finden, die für euch beide passt? Dass er/sie dir sagt, wie es denn ihr/ihm mit der Situation geht? Und hilfreich dabei könnte zum Beispiel auch sein, nicht nur zu sagen, dass du gerne mehr mit einbezogen werden möchtest oder mehr mitbestimmen möchtest. Das kann nämlich für jeden etwas anderes sein, wodurch es wieder schnell zu Missverständnissen kommen kann. Überlege dir genau, was das für dich heißt. Spreche eine ganz konkrete Bitte aus.

Zusammenfassung, wie du mit Pseudogefühlen umgehen kannst

Weitere Anregungen zum Thema Paarkommunikation und Gewaltfreier Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg findest du in den nächsten Wochen hier im Blog.

Alles Gute und viel Spaß beim Wahrnehmen und Ausprobieren!

Wichtig:

Solltest du von körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt betroffen sein oder selbst Gewalt ausüben, kannst du dir hier Hilfe holen:

Österreich

Unmittelbare Gefahr:

  • Polizei: 133
  • Europäische Notrufnummer: 112
  • Hilferuf per SMS für gehörlose oder hörbehinderte Frauen und Mädchen: 0800/133133 (Angabe von Ort und Notsituation)

Beratung Frauenhelpline gegen Gewalt:

  • Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 (österreichweit – rund um die Uhr – 365 Tage im Jahr – anonym und kostenlos erreichbar; mehrsprachige Beratung, ein Relay-Service für gehörbeeinträchtigte Betroffene und Onlineberatung)

Liste von Beratungsstellen und Schutzunterkünfte in Österreich:

Männerberatung bei Gewalt in der Familie:

  • 0720-70-44-00; www.maennerinfo.at
    Montag – Freitag:
    10:00 Uhr – 18:00 Uhr österreichweit zum Ortstarif

Männernotruf:

  • 0800-246-247

Rund um die Uhr, anonym und kostenlos.

Deutschland

Unmittelbare Gefahr:

  • Polizei: 110
  • Rettung: 112

Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“:

  • 08000 116 016 – rund um die Uhr und kostenlos, vertraulich und anonym. Die Beratung kann per Telefon, Online-Chat oder E-Mail erfolgen. 

Hilfetelefon „Gewalt an Männern“:

  • 0800 1239900 bundesweit und online per Chat und E-Mail erreichbar.
    Telefonische Beratung: Montag bis Donnerstag: 8 – 20 Uhr Freitag: 8 – 15 Uhr
    Chatberatung: Montag bis Donnerstag 12 – 15 und 17 – 19 Uhr
    Kostenfrei und anonym
    beratung@maennerhilfetelefon.de

Beratungsangeboten für Jungen und Männer, die sich in einer Krise befinden, Opfer von Gewalt oder selbst gewalttätig sind:

Schweiz

Unmittelbare Gefahr:

  • Polizei 117
  • Medizinische Hilfe 144

BIF Beratungsstelle für Frauen gegen Gewalt in Ehe und Partnerschaft

  • 8031 Zürich
    Tel. 044 278 99 99
    info@bif.ch

Beratungsstelle Frauen-Nottelefon

  • Opferhilfe für Frauen – gegen Gewalt
    Technikumstraße 38 (1. Stock)
    8401 Winterthur
    Telefon 052 213 61 61
    info@frauennottelefon.ch
    Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag: 10:00 – 17:00
    Mittwoch: 13:00 –  17:00 Uhr

Liste mit Beratungsstellen sortiert nach Kanton:

https://www.opferhilfe-schweiz.ch/de/wo-finde-ich-hilfe/

Liste mit Beratungsstellen für gewaltausübende Personen:

https://www.fvgs.ch/Fachstellen.html

julia schmiedinger

Beziehungen stärken durch
wertschätzende Kommunikation